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Ins Kalte Wasser

Ins Kalte Wasser

Jonas und Jonny haben einige Gemeinsamkeiten: sie sind beide Mitarbeiter bei der Ersten Lesung, beide sind keine Politikwissenschaftler, und der eine ist Praktikant in Brüssel, der andere war es. Wie gestaltet sich der Alltag in der politischen Beratung, wenn man nicht aus der Politologie kommt, wenn man im Gegensatz zu den anderen statt Kant und Machiavelli, Hayek und Kahneman oder Freud und Skinner gelesen hat? Beide geben uns im Folgenden einen kleinen Einblick. 

Über das Bauen von Brücken – Jonny Fischer

Da stand ich nun, Anfang September 2019 – das erste Mal Brüssel, das erste Mal Kommission und Parlament von Nahem sehen. Ich hatte mich für ein Praktikum in der politischen Unternehmensberatung entschieden. Zwischen lauter Politikwissenschaftlern stand ich da nun als BWLer, pardon, als Student der Fachrichtung „International Management“ und durfte meine erste richtig internationale Erfahrung sammeln.

Zugegebenermaßen sollte Unternehmensberatung ja zur Kerndisziplin eines Betriebswirtschaftlers zählen. Dennoch stand ich vor Beginn des neuen Jobs mit dem mulmigen Gefühl da, nicht genug zu wissen. Doch stellt sich für mich jeden Tag auf beeindruckende Art und Weise heraus, dass die Fachbereiche Politik und Management eigentlich viel gemein haben. Das Streben nach guten Lösungen, nicht immer auf dem direktesten Wege, mit viel Kreativität, nicht immer alles gleich zu machen. Oder um es in den Worten von einem zu sagen, der gleichermaßen Politik und Ökonomie geprägt hat: Alles Leben ist Problemlösen.

Für mich liegt eine Faszination in der Möglichkeit, das aktuelle politische Geschehen nicht bloß zu verstehen, sondern auch Brücken zu den Geschäftsmodellen unserer Kunden zu bauen. Als politische Unternehmensberater gehört es natürlich zu unserem Job, das Politische nie bloß abgeschlossen und für sich zu betrachten. Es ist grade der Transfer zwischen beiden Welten, der ein Kern unserer Arbeit ist. Und dann habe ich das Glück, bei der Ersten Lesung in einem Unternehmen zu arbeiten, das den Wert dieser Transferleistung erkannt hat und nebenbei so mutig war, nach meinem Praktikum dafür eine neue Stelle zu schaffen.

Aber genau wie Regulierung nie bloß ein Selbstzweck ist, ist auch ein Geschäftsmodell nie bloß ein von der Umwelt isoliertes Mittel zur Wertschöpfung. Es liegt eine Spannung darin, die Transformation von Geschäftsmodellen zu beobachten, wenn sich die Rahmenbedingungen verändern. An dieser Stelle muss auch mit einem klassischen Klischee des „Lobbyismus“ gebrochen werden. Es sind nicht nur Unternehmen, die Politik beeinflussen, sondern natürlich geht das auch andersherum. Eine Regulierung bietet immer wieder eine Chance für Kreativität, für die Möglichkeit sich an Dynamiken anzupassen oder – im Optimalfall – aus einer solchen Begebenheit heraus, etwas Neues zu gestalten.

Für mich ist es einer der größten Reize, diesen Transformationsprozess auf beiden Seiten jeden Tag wieder neu zu beobachten und selber mitgestalten zu können. Vielleicht krankt die Betriebswirtschaft hin und wieder daran, sich nur als begleitende Einheit, als finanzielles Gewissen oder gar als eines vieler Mittel zum Zweck zu sehen. Die Verbindung mit der Politik hat mir aber definitiv ermöglicht, diesen Blickwinkel zu verlassen und „meine Disziplin“ in einem neuen Licht zu betrachten.

Raus aus der Komfortzone und rein in den Perspektivwechsel – Jonas Figge

Hi, ich bin Jonas, 23 Jahre alt und Praktikant bei der ERSTEN LESUNG in Brüssel. Nun stehe ich hier also. Vor dem Office am Square de Meeus bei schönstem Sonnenschein und kann es kaum erwarten. Benachbart die wichtigsten Botschaften, unweit vom Europäischen Parlament. Und was mache ich nun hier? Ich wollte sie kennenlernen. Die scheinbar knallharte Berater:innen-Szene sowie die Politiker:innen und Macher:innen von morgen. Raus aus der Komfortzone Studium!

Als Wirtschaftspsychologe nun also im Arbeitsalltag eines politischen Beraters. Für mich eine Zeit zum Lernen und Entdecken. Eine Zeit, in der ich die Möglichkeit habe, den Menschen hinter der Fassade kennen zu lernen. Also die Persönlichkeit. Scheint man doch haben zu müssen heutzutage, oder? Der moderne Wirtschaftspsychologe stellt den Menschen in den Mittelpunkt seiner Arbeit und kann so – gemeinsam mit dem Team – Zusammenhänge und Verhaltensweisen zwischen Stakeholdern analysieren, verstehen und richtig einordnen. Um die Persönlichkeit von Menschen zu beschreiben, orientiert sich die Psychologie an dem Big-Five-Persönlichkeitsmodell. Jeder Mensch lässt sich demzufolge in Dimensionen Verträglichkeit, Extraversion, Neurotizismus, Gewissenhaftigkeit und Offenheit für Erfahrung einordnen. Und dazu kann ich Ihnen sagen: Man trifft auf faszinierende Persönlichkeiten bei der politischen Beratungsarbeit.

Das Praktikum ist also eine gute Zeit für mich meine Perspektive einbringen zu können, um so Raum und Ideen für Neues entstehen zu lassen. So kann die Perspektive helfen, die besagten Persönlichkeitstypologien ausfindig zu machen, Ursachen für jenes Verhalten zu erkennen und kommunikative Barrieren abzubauen. Im Arbeitsalltag begeistert mich dabei der Blick für das Große und Ganze innerhalb der Interaktionen und Analysen der ERSTEN LESUNG. In der so schnellen und verantwortungsvollen Beratungswelt die politischen Geschehnisse zu beobachten und dabei den Menschen nicht zu vergessen. Ein schweres Unterfangen? Bei der ERSTEN LESUNG nicht. Dieser Balanceakt zeichnet das Unternehmen aus und ist fester Bestandteil in der Zusammenarbeit.

Ich bin sehr dankbar für die vielen tollen Erfahrungen und das mir entgegengebrachte Vertrauen sowie die Offenheit des gesamten Teams. Die Komfortzone wieder einmal zu verlassen hat mir gezeigt, was entstehen kann, wenn man es tut. Von Angst und Scham, über Vorfreude und Nervosität, zu Begeisterung und Leben. So kann eine fremdgeglaubte Perspektive neue Türen öffnen und einen Teil für die Weiterentwicklung des Unternehmens beitragen.