Zwischen Sandkasten und EU-Parlament – wie es auch in Teilzeit mit der Karriere weitergehen kann
Mama sein und einem erfüllenden Beruf nachgehen: Das habe ich mir immer gewünscht. Dass ich nach der Babypause zurück an meinen Arbeitsplatz möchte, stand für mich fest, schon lange vor der Geburt meiner Tochter. Meine optimistische Annahme direkt einen geeigneten Betreuungsplatz zu finden, wurde jedoch schnell von der Realität eingeholt. Ein Wiedereinstieg in Vollzeit war somit in meiner Familie keine Option mehr.
Frauen, die nach der Elternzeit in Teilzeit zurückkehren, werden leider oft belächelt oder müssen sich rechtfertigen – „Karriere kannst Du so sicher nicht machen!“ oder „Wie schön, dass Du Dir ein bisschen Geld dazuverdienst.“ sind Sätze, die Mütter nicht nur aus ihrem direkten Umfeld zu hören bekommen, sondern sicherlich auch von den ein oder anderen Arbeitgeber:innen.
In meinem Fall, stand fest, dass ich in Teilzeit ins Unternehmen zurückkehren werde und die Vorstellung, schon bald wieder mit Kolleg:innen in Politikdebatten und Gesetzestexten zu versinken, stimmte mich voller Vorfreude.
Dass Eltern, und insbesondere Mütter in Teilzeit an den Arbeitsplatz zurückkehren, hat viele Gründe – und ist nicht immer freiwillig. In Deutschland fehlen in diesem Jahr Medienberichten zufolge über 350.000 Kita-Plätze – und dass, obwohl es bereits seit knapp 10 Jahren einen gesetzlichen Anspruch auf Kinderbetreuung gibt, auch in der Altersgruppe „Kinder unter 3 Jahren“. Viele Eltern müssen die Betreuung selbst organisieren – ein Glück, wenn Großeltern in der Nähe wohnen und aushelfen können, aber nicht jede:r hat dieses Privileg. Um den Betreuungsbedarf der Eltern in 2023 zu decken und alle Gruppen mit einem kindgerechten Personalschlüssel auszustatten, hätte man laut Ländermonitor 308.800 Fachkräfte zusätzlich einstellen müssen. Kostenpunkt: rund 13,8 Milliarden Euro jährlich.
Neben mangelnden (Ganztags-)Bereuungsplätzen, ist auch die umfangreiche Care-Arbeit, die das Elternsein mit sich bringt, ein Grund dafür, mit reduzierten Stunden zurückzukehren. Aber ein Wiedereinstieg in Teilzeit muss kein Karriere-Aus bedeuten. Im Gegenteil: Auch in Teilzeit kann man verantwortungsvolle Aufgaben übernehmen und seine Karriereziele verfolgen, vorausgesetzt Arbeitgeber:innen ermöglichen dies. Junge Mütter und Väter bringen oftmals neue Qualitäten und Perspektiven mit, die das Unternehmen bereichern und legen insbesondere in Teilzeit hohe Produktivität und Effektivität an den Tag.
Mein Wiedereinstieg hat mir gezeigt, dass eine Balance zwischen Beruf und Familienleben durchaus möglich ist. Voraussetzung ist, dass Arbeitgeber:innen flexible Arbeitszeitenmodelle nicht nur theoretisch durchdenken, sondern leben. Elternteile, die in Teilzeit zurückkehren sollten als gleichwertige Arbeitnehmer:innen behandelt werden, wie gehabt mit Projekten vertraut werden, Verantwortung erhalten und Weiterentwicklungsmöglichkeiten bekommen. Keine Frage, es erfordert vorrausschauende Planungen, enge Absprachen und Motivation, aber dann kann es für beide Seiten eine wertschätzende und bereichernde Zusammenarbeit sein. Für meine Familie und mich ist das aktuelle Modell das Richtige. Es ist ein gutes Gefühl, wieder im Beruf angekommen zu sein und gleichzeitig meiner Rolle als Mama gerecht zu werden. Die Gewissheit, mein berufliches Leben neben meinem Familienleben weiterverfolgen zu können, stimmt mich zuversichtlich.
Arbeitnehmer:innen, die über einen Wiedereinstieg in Teilzeit nachdenken kann ich zur offenen Kommunikation mit Arbeitgeber:innen raten. Und Arbeitgeber:innen die Teilzeitwünsche nur mit Augenrollen entgegennehmen und eine Frau, sobald sie Mutter geworden ist, wohlmöglich nicht mehr als vollwertige und ernstzunehmende Arbeitnehmerin ansehen, kann ich nur sagen: You’re missing out.
Marie Walters ist seit Januar 2021 für die Erste Lesung tätig. Im September 2023 ist sie aus der Elternzeit zurückgekehrt.